«Vielleicht ist das immer so, wenn man wieder in die Heimat zurückgeht. Einen Teil bringt man mit, und einen Teil lässt man hinter sich. Einen Teil hat man für immer abgestreift, als man Jahre davor aufgebrochen ist, und einen anderen zieht man wieder bereitwillig über, obwohl er unbequem geworden ist. Wie bei einem alten Pullover, den man früher oft getragen hat und der jetzt nicht mehr passt.»
Nach Jahren im Internat kommt der 19-jährige Jirka im Hochsommer auf den heruntergekommenen Gutshof seiner Kindheit mit dem Namen «Krummes Holz» zurück. Niemand reagiert auf seine Rückkehr. Leander, der Sohn des letzten Verwalters holt ihn zwar vom Bahnhof ab, aber sein Vater Georg ist abwesend, seine Schwester Malene ignoriert ihn, seine Grossmutter Agnes ist dement. Jirka bleibt trotzdem und wartet.
In Jirkas Familiengeschichte gab es schon immer eine Kultur des Schweigens und viel Härte, wenig Zuneigung und Liebe. Er ist die erste Person seiner Familie, die seine Weichheit nach aussen kehrt und Verletzlichkeit zeigt.
Sein stoisches Verharren sorgt mit der Zeit für ein vertrauensvolles Fundament. Es ist die Basis für eine Annäherung an seine ältere Schwester Malene, die langsam ihre Feindseligkeit ihrem Bruder gegenüber aufgibt. Die Lücke der verpassten Jahre beginnt sich zu schliessen, Missverständnisse von früher lösen sich auf. Und Jirka spürt, dass seine Gefühle für Leander nicht verschwunden sind …
Jirkas Kindheitserinnerungen, die Atmosphäre zwischen den Menschen auf dem Hof, das Landleben der 70er Jahre, die erhitzte Landschaft: alles vibriert und brodelt in diesem gelungenen Debütroman, voller starker Sätze und intensiver Dialoge.
Susanne Bühler
